"Wie sagt man, wie schreibt man "Zauberberg" auf Englisch?
"ANKUNFT" – S. 17-21 GKFA
Sie hatten sich eben vor dem Stationsgebäude, das nicht viel mehr als ein Schuppen war, in das gelbe Kabriolett gesetzt, das dort auf steinigem Platze bereit stand, und während die beiden Braunen anzogen, warf sich Hans Castorp empört auf dem harten Kissen herum. »Ein halbes Jahr? du bist ja schon fast ein halbes Jahr hier! Man hat doch nicht so viel Zeit –!«
»Ja, Zeit«, sagte Joachim und nickte mehrmals geradeaus, ohne sich um des Vetters ehrliche Entrüstung zu kümmern. »Die springen hier um mit der menschlichen Zeit, das glaubst du gar nicht. Drei Wochen sind wie ein Tag vor ihnen. Du wirst schon sehen. Du wirst das alles schon lernen«, sagte er und setzte hinzu: »Man ändert hier seine Begriffe.«
Hans Castorp betrachtete ihn unausgesetzt von der Seite. »Du hast dich aber doch prachtvoll erholt«, sagte er kopfschüttelnd.
»Ja, meinst du?« antwortete Joachim. »Nicht wahr, ich denke doch auch!« sagte er und setzte sich höher ins Kissen zurück; doch nahm er gleich wieder eine schrägere Stellung ein. »Es geht mir ja besser«, erklärte er; »aber gesund bin ich eben noch nicht. Links oben, wo früher Rasseln zu hören war, klingt es jetzt nur noch rauh, das ist nicht so schlimm, aber unten ist es noch sehr rauh, und dann sind auch im zweiten Interkostalraum Geräusche.«
»Wie gelehrt du geworden bist«, sagte Hans Castorp.
»Ja, das ist, weiß Gott, eine nette Gelehrsamkeit. Die hätte ich gern im Dienste schon wieder verschwitzt«, erwiderte Joachim. »Aber ich habe noch Sputum«, sagte er mit einem zugleich lässigen und heftigen Achselzucken, das ihm nicht gut zu Gesichte stand, und ließ seinen Vetter etwas sehen, was er aus der ihm zugekehrten Seitentasche seines Ulsters zur Hälfte herauszog und gleich wieder verwahrte: eine flache, geschweifte Flasche aus blauem Glase mit einem Metallverschluß. »Das haben die meisten von uns hier oben«, sagte er. »Es hat auch einen Namen bei uns, so einen Spitznamen, ganz fidel. Du siehst dir die Gegend an?«
Das tat Hans Castorp, und er äußerte: »Großartig!«
»Findest du?« fragte Joachim.
Sie hatten die unregelmäßig bebaute, der Eisenbahn gleichlaufende Straße ein Stück in der Richtung der Talachse verfolgt, hatten dann nach links hin das schmale Geleise gekreuzt, einen Wasserlauf überquert und trotteten nun auf sanft ansteigendem Fahrweg bewaldeten Hängen entgegen, dorthin, wo auf niedrig vorspringendem Wiesenplateau, die Front südwestlich gewandt, ein langgestrecktes Gebäude mit Kuppelturm, das vor lauter Balkonlogen von weitem löcherig und porös wirkte wie ein Schwamm, soeben die ersten Lichter aufsteckte. Es dämmerte rasch. Ein leichtes Abendrot, das eine Weile den gleichmäßig bedeckten Himmel belebt hatte, war schon verblichen, und jener farblose, entseelte und traurige Übergangszustand herrschte in der Natur, der dem vollen Einbruch der
Nacht unmittelbar vorangeht. Das besiedelte Tal, lang hingestreckt und etwas gewunden, beleuchtete sich nun überall, auf dem Grunde sowohl wie da und dort an den beiderseitigen Lehnen, – an der rechten zumal, die auslud, und an der Baulichkeiten terrassenförmig aufstiegen. Links liefen Pfade die Wiesenhänge hinan und verloren sich in der stumpfen Schwärze der Nadelwälder. Die entfernteren Bergkulissen, hinten am Ausgang, gegen den das Tal sich verjüngte, zeigten ein nüchternes Schieferblau. Da ein Wind sich aufgemacht hatte, wurde die Abendkühle empfindlich.
»Nein, ich finde es offen gestanden nicht so überwältigend«, sagte Hans Castorp. »Wo sind denn die Gletscher und Firnen und die gewaltigen Bergesriesen? Diese Dinger sind doch nicht sehr hoch, wie mir scheint.«
»Doch, sie sind hoch«, antwortete Joachim. »Du siehst die Baumgrenze fast überall, sie markiert sich ja auffallend scharf, die Fichten hören auf, und damit hört alles auf, aus ist es, Felsen, wie du bemerkst. Da drüben, rechts von dem Schwarzhorn, dieser Zinke dort, hast du sogar einen Gletscher, siehst du das Blaue noch? Er ist nicht groß, aber es ist ein Gletscher, wie es sich gehört, der Scaletta-Gletscher. Piz Michel und Tinzenhorn in der Lücke, du kannst sie von hier aus nicht sehen, liegen auch immer im Schnee, das ganze Jahr.«
»In ewigem Schnee«, sagte Hans Castorp.
»Ja, ewig, wenn du willst. Doch, hoch ist das alles schon. Aber wir selbst sind scheußlich hoch, mußt du bedenken. Sechzehnhundert Meter über dem Meer. Da kommen die Erhebungen nicht so zur Geltung.«
»Ja, war das eine Kletterei! Mir ist angst und bange geworden, kann ich dir sagen. Sechzehnhundert Meter! Das sind ja annähernd fünftausend Fuß, wenn ich es ausrechne. In meinem Leben war ich noch nicht so hoch.« Und Hans Castorp nahm neugierig einen tiefen, probenden Atemzug von der fremden Luft. Sie war frisch – und nichts weiter. Sie entbehrte des Duftes, des Inhaltes, der Feuchtigkeit, sie ging leicht ein und sagte der Seele nichts.
»Ausgezeichnet!« bemerkte er höflich.
»Ja, es ist ja eine berühmte Luft. Übrigens präsentiert sich die Gegend heute abend nicht vorteilhaft. Manchmal nimmt sie sich besser aus, besonders im Schnee. Aber man sieht sich sehr satt an ihr. Wir alle hier oben, kannst du mir glauben, haben sie ganz unaussprechlich satt«, sagte Joachim, und sein Mund wurde von einem Ausdruck des Ekels verzogen, der übertrieben und unbeherrscht wirkte und ihn wiederum nicht gut kleidete.
»Du sprichst so sonderbar«, sagte Hans Castorp.
»Spreche ich sonderbar?« fragte Joachim mit einer gewissen Besorgnis und wandte sich seinem Vetter zu . . .
»Nein, nein, verzeih, es kam mir wohl nur einen Augenblick so vor!« beeilte sich Hans Castorp zu sagen. Er hatte aber die Wendung »Wir hier oben« gemeint, die Joachim schon zum dritten- oder viertenmal gebraucht hatte und die ihn auf irgendeine Weise beklemmend und seltsam anmutete.
»Unser Sanatorium liegt noch höher als der Ort, wie du siehst«, fuhr Joachim fort. »Fünfzig Meter. Im Prospekt steht ›hundert‹, aber es sind bloß fünfzig. Am allerhöchsten liegt das Sanatorium Schatzalp dort drüben, man kann es nicht sehen. Die müssen im Winter ihre Leichen per Bobschlitten herunterbefördern, weil dann die Wege nicht fahrbar sind.«
»Ihre Leichen? Ach so! Na, höre mal!« rief Hans Castorp. Und plötzlich geriet er ins Lachen, in ein heftiges, unbezwingliches Lachen, das seine Brust erschütterte und sein vom kühlen Wind etwas steifes Gesicht zu einer leise schmerzenden Grimasse verzog. »Auf dem Bobschlitten! Und das erzählst du mir so in aller Gemütsruhe? Du bist ja ganz zynisch geworden in diesen fünf Monaten!«
»Gar nicht zynisch«, antwortete Joachim achselzuckend.
»Wieso denn? Das ist den Leichen doch einerlei . . . Übrigens kann es wohl sein, daß man zynisch wird hier bei uns. Behrens selbst ist auch so ein alter Zyniker – ein famoses Huhn nebenbei, alter Korpsstudent und glänzender Operateur, wie es scheint, er wird dir gefallen. Dann ist da noch Krokowski, der Assistent – ein ganz gescheutes Etwas. Im Prospekt ist besonders auf seine Tätigkeit hingewiesen. Er treibt nämlich Seelenzergliederung mit den Patienten.«
»Was treibt er? Seelenzergliederung? Das ist ja widerlich!« rief Hans Castorp, und nun nahm seine Heiterkeit überhand. Er war ihrer gar nicht mehr Herr, nach allem andern hatte die Seelenzergliederung es ihm vollends angetan, und er lachte so sehr, daß die Tränen ihm unter der Hand hervorliefen, mit der er, sich vorbeugend, die Augen bedeckte. Joachim lachte ebenfalls herzlich – es schien ihm wohlzutun –, und so kam es, daß die jungen Leute in großer Aufgeräumtheit aus ihrem Wagen stiegen, der sie zuletzt im Schritt, auf steiler, schleifenförmiger Anfahrt vor das Portal des Internationalen Sanatoriums Berghof getragen hatte.
"ARRIVAL" – TRANSLATION IN PROGRESS
They had just taken their seats in the yellow cabriolet waiting on the stony square in front of the station building, which was little more than a shed. As the two brown horses started to pull, Hans Castorp squirmed with outrage on the hard cushion.
‘Six months? You’ve already been here almost six months! We don’t have that much time!’
‘Time, yes—’ Joachim said and, staring straight ahead, nodded several times, ignoring his cousin’s sincere indignation. ‘You wouldn’t believe how they mess with human time here. Three weeks are like a day to them. You’ll see. You’ll learn all about these things,’ he said before adding, ‘One’s conceptions change here.’
Hans Castorp observed him continually from the side.
‘But you’ve made a splendid recovery,’ he said, shaking his head.
‘You think so?’ Joachim replied. ‘Trust me, so do I!’ he said, propping himself higher against the cushion, but then immediately slouching back down. ‘I am feeling better,’ he explained, ‘but I’m not yet well. At the top left, where it used to rattle, there’s now only a rasping sound, which is not so bad, but the rasping lower down is still very loud, and there are also noises in the second intercostal space.’
‘How learned you’ve become,’ Hans Castorp said.
‘Yes, and by God what fine learning it is. I would gladly have forgotten all about it in the army,’ Joachim retorted. ‘I still cough up sputum though,’ he said with a simultaneously casual and violent shrug of his shoulders that seemed out of character. He gave his cousin a glimpse of something he pulled halfway out of his overcoat pocket on Hans Castorp’s side and immediately stowed away again—a flat blue-glass bottle with curving sides and a metal cap.
‘Most of us up here have one,’ he said. ‘It has its own name too, a cheery little nickname. Taking in the scenery, are you?’
This was indeed what Hans Castorp was doing, and he exclaimed, ‘Magnificent!’
‘You think so?’ Joachim asked.
They had driven along the valley for a stretch on a road running parallel to the railway and lined with the occasional building, and then turned left over the narrow tracks before crossing a stream; now they were trotting along a track that rose gently towards wooded slopes. Ahead, on a protruding, low, grassy plateau, the first lights were just winking on in a long building with a cupola, its southwestern facade punctuated by such an array of balconies that from afar it looked as pitted and porous as a sponge. Darkness was falling fast. The faint red glow that had enlivened the uniformly clouded sky for a while had now faded away, and the countryside was in that dull, soulless, and mournful transitional state that heralds the imminent and definitive onset of night. Lights had now come on in settlements all over the sprawling and slightly winding valley, on its floor and also here and there along its sides, especially on the capacious right-hand slope on which buildings rose in terraces. Paths led up the meadow-clad slopes to the left and were lost in the dim depths of the coniferous forests. The more distant mountainous backdrop, where the valley tapered towards its end, was a sombre shade of slate-blue. The wind had risen, bringing out the chill of evening.
‘To be honest, I don’t find it so overwhelming,’ Hans Castorp said. ‘Where are the glaciers and the snowfields and the gigantic summits? These things don’t look very high to me.’
‘Oh, they are,’ Joachim replied. ‘You can see the treeline almost everywhere. It is extremely sharply defined—the firs cease, and so does everything else. Finished, nothing but bare rock, as you can see. Over there, to the right of the Schwarzhorn, that pointed one there, you even have a glacier—can you make out that bluish shimmer? It isn’t big, but it’s a proper glacier nonetheless—the Scaletta. Piz Michel and the Tinzenhorn, in that gap—you can’t see them from here—are also snow-capped all year round.’
‘Under eternal snow,’ Hans Castorp said.
‘Yes, eternal, if you wish. They really are high. But you must remember that we are awfully high already. Sixteen hundred metres above sea level. That makes the peaks seem less prominent.’
‘Yes, what a climb! Scary, I can tell you. Sixteen hundred metres! Nearly five thousand feet, if I convert it. I’ve never been this high in all my life.’ And curious to taste the unfamiliar air, Hans Castorp took a deep, exploratory breath. It was fresh—no more than that. It lacked any fragrance or content or moisture; it went in easily, with nothing that spoke to his soul.
‘Fabulous!’ he remarked politely.
‘Yes, the air here is famous. By the way, the scenery is not at its most attractive this evening. It looks better at times, especially in the snow. But you can get fed up with looking at it. Believe me, all of us up here are utterly fed up with it,’ Joachim said, his mouth twisting into an expression of disgust that looked exaggerated and impulsive and once more did not become him.
‘You have such a curious way of talking,’ Hans Castorp said.
‘A curious way of talking?’ Joachim asked with some concern, turning to look at his cousin.
‘No, no, I’m sorry—it just seemed that way for a moment!’ Hans Castorp hastened to add. What he had meant was the phrase ‘all of us up here’, which Joachim had now used three or four times, and which struck him as somehow oppressive and bizarre.
‘As you can see, our sanatorium is even higher than the village,’ Joachim continued. ‘Fifty metres higher. In the brochure it says a hundred, but it’s only fifty. The highest of all is the Schatzalp sanatorium over that way, but it isn’t visible from here. They have to send down their corpses by bobsleigh in the winter because the tracks are impassable.’
‘Corpses? Oh right! Fancy that!’ Hans Castorp cried. And all of a sudden he burst out into wild, uncontrollable laughter that convulsed his chest and disfigured his face, which was a little stiff from the cool wind, into a soundless, pained grimace. ‘On a bobsleigh! And you say it so matter-of-factly! How cynical you’ve become in these five months!’
‘Not at all,’ Joachim replied with a shrug. ‘How so? It makes no difference to the corpses . . . Mind you, it could well be true that we become cynical up here. Behrens is an old cynic himself—a splendid fellow, it must be said, an old fraternity man and a brilliant surgeon, from what I’ve heard. You’ll like him. Then there’s Krokowski, his assistant—sharp as a tack, he is. The brochure particularly highlights his activity. He’s into dissecting patients’ souls.’
‘What does he do? Dissect their souls? How vile!’ Hans Castorp exclaimed, and here his gaiety got the better of him and he lost all remaining self-control. This soul dissection was the final straw and, doubling over, he laughed so hard that tears streamed down under the hand with which he covered his face. Joachim was laughing heartily too, and it appeared to do him a power of good. And so it was in great merriment that the young men got out of the cab that had carried them at walking pace up the remaining stretch of the steep, looping driveway to the entrance of the Berghof International Sanatorium.
“SCHNEE” – S. 722-724
Es war nachmittags um drei Uhr. Bald nach Tische hatte er sich aufgemacht, um einen Teil der Großen Liegekur und die Vespermahlzeit zu schwänzen und vor Dunkelwerden zurück zu sein. Wohligkeit erfüllte ihn bei dem Gedanken, daß mehrere Stunden zum Schweifen im Freien und Großartigen vor ihm lagen. Er hatte etwas Schokolade in der Tasche seiner Breeches und eine kleine Flasche mit Portwein in der Westentasche.
Der Stand der Sonne war kaum zu erkennen, so dicht umnebelt war sie. Hinten, in der Gegend des Talausganges, des Gebirgswinkels, den man nicht sah, dunkelte das Gewölk, das
Gedünste tiefer und schien sich vorzuschieben. Es sah nach Schnee aus, mehr Schnee, umdringendem Bedarf abzuhelfen, – nach einem ordentlichen Gestöber. Und wirklich fielen die kleinen, lautlosen Flocken über der Halde schon reichlicher. Hans Castorp trat vor, um ein paar davon auf seinen Ärmel fallen zu lassen und sie mit den Kenneraugen des Liebhaberforschers zu betrachten. Sie schienen formlose Fetzchen, aber er hatte mehr als einmal ihresgleichen unter seiner guten Linse gehabt und wußte wohl, aus was für zierlichst genauen kleinen Kostbarkeiten sie sich zusammensetzten, Kleinodien, Ordenssternen, Brillantagraffen, wie der getreueste Juwelier sie nicht reicher und minuziöser hätte herstellen können, – ja, es hatte mit all diesem leichten, lockeren Puderweiß, das in Massen den Wald beschwerte, das Gebreite bedeckte, und über das seine Fußbretter ihn trugen, denn doch eine andere Bewandtnis als mit dem heimischen Meersande, an den es erinnerte: das waren bekanntlich nicht Steinkörner, woraus es bestand, es waren Myriaden im Erstarren zu ebenmäßiger Vielfalt kristallisch zusammengeschossener Wasserteilchen, – Teilchen eben der anorganischen Substanz, die auch das Lebensplasma, den Pflanzen-, den Menschenleib quellen machte, – und unter den Myriaden von Zaubersternchen in ihrer untersichtigen, dem Menschenauge nicht zugedachten, heimlichen Kleinpracht war nicht eines dem anderen gleich; eine endlose Erfindungslust in der Abwandlung und allerfeinsten Ausgestaltung eines und immer desselben Grundschemas, des gleichseitig-gleichwinkligen Sechsecks, herrschte da; aber in sich selbst war jedes der kalten Erzeugnisse von unbedingtem Ebenmaß und eisiger Regelmäßigkeit, ja, dies war das Unheimliche, Widerorganische und Lebensfeindliche daran; sie waren zu regelmäßig, die zum Leben geordnete Substanz war es niemals in diesem Grade, dem Leben schauderte vor der genauen Richtigkeit, es empfand sie als tödlich, als das Geheimnis des Todes selbst, und Hans Castorp glaubte zu verstehen, warum Tempelbaumeister der Vorzeit absichtlich und insgeheim kleine Abweichungen von der Symmetrie in ihren Säulenordnungen angebracht hatten.
Er stieß sich ab, schlürfte auf seinen Kufen fort, fuhr am Waldrande den dicken Schneebelag der Schräge ins Neblige hinunter und trieb sich, steigend und gleitend, ziellos und gemächlich, weiter in dem toten Gelände umher, das mit seinen leeren, welligen Gebreiten, seiner Trockenvegetation, die aus einzelnen, dunkel hervorstechenden Latschenbüschen bestand, und seiner Horizontbegrenzung von weichen Erhebungen so auffallend einer Dünenlandschaft glich. Hans Castorp nickte zufrieden mit dem Kopf, wenn er stand und sich an dieser Ähnlichkeit weidete; und auch den Brand seiner Miene, die Neigung zum Gliederzittern, die eigentümliche und trunkene Mischung von Aufregung und Müdigkeit, die er spürte, duldete er mit Sympathie, da dies alles ihn an nah verwandte Wirkungen der ebenfalls aufpeitschenden und zugleich mit schlafbringenden Stoffen gesättigten Seeluft vertraulich erinnerte. Er empfand mit Genugtuung seine beschwingte Unabhängigkeit, sein freies Schweifen. Vor ihm lag kein Weg, an den er gebunden war, hinter ihm keiner, der ihn so zurückleiten würde, wie er gekommen war. Es hatte anfangs Stangen, eingepflanzte Stöcke, Schneezeichen gegeben, aber absichtlich hatte er sich bald von ihrer Bevormundung freigemacht, da sie ihn an den Mann mit dem Hörnchen erinnerten und seinem inneren Verhältnis zur großen Winterwildnis nicht angemessen schienen.
Hinter verschneiten Felshügeln, zwischen denen er sich, bald rechts, bald links lenkend, hindurchschob, lag eine Schräge, dann eine Ebene, dann großes Gebirge, dessen weich gepolsterte Schluchten und Pässe so zugänglich und lockend schienen. Ja, die Lockung der Fernen und Höhen, der immer neu sich auftuenden Einsamkeiten war stark in Hans Castorps
Gemüt, und auf die Gefahr, sich zu verspäten, strebte er tiefer ins wilde Schweigen, ins Nichtgeheure, für nichts Gutstehende hinein, – ungeachtet, daß überdies die Spannung und Beklommenheit seines Inneren zur wirklichen Furcht wurde angesichts der vorzeitig zunehmenden Himmelsdunkelheit, die sich wie graue Schleier auf die Gegend herabsenkte.
“SNOW” – TRANSLATION IN PROGRESS
It was three o’clock in the afternoon. He had set off soon after lunch with the intention of skipping part of the main rest cure and tea and being back before dark. The thought that before him lay several hours in which he could roam freely through this outdoor splendour filled him with pleasure. He had some chocolate in the pocket of his breeches and a small flask of port in his jacket pocket.
The sun was so thickly occluded by fog that its position was hard to discern. Behind him, near the entrance of the valley and a dogleg in the mountains that was invisible from here, the clouds were darkening, the mist thickening, and it seemed to be advancing. It looked like snow was on its way, more snow, to remedy a desperate shortage; it looked like a proper blizzard. And greater quantities of small, soundless flakes were indeed tumbling down on to the slope now.
Hans Castorp stepped out to let a few settle on his sleeve and he examined them with the practised eye of an amateur scientist. They appeared to be shapeless scraps, but he’d had their likes under his good microscope more than once and was familiar with the kinds of delicately exact treasures of which they were composed—gems, star-shaped medals, diamond brooches even the most accomplished jeweller couldn’t have rendered any more magnificently or precisely—yes, this light, loose, powdery whiteness weighing down on the woods in its masses and coating the wide tracts over which the boards on his feet carried him was indeed very different to the seaside sands of home of which it reminded him. It was common knowledge that it consisted not of ground stone but of a host of watery particles frozen into a myriad of regular crystals—particles of the very same inorganic substance that nourished the plasma of life, plants, and humans—and not one of the myriads of magical starlets in this microscopic, secret splendour unintended for the human eye resembled any other, created with a boundless appetite for invention through variations and elaborations on the same basic template of the equilateral, equiangular hexagon; but each of the tiny products was absolutely harmonious and icily regular in and of itself—in fact, this was the uncanny, anti-organic, and unnatural thing about them: they were too regular, to a degree that no other life-building substance ever was, for life abhorred such rigid accuracy, regarded it as deathly, the secret of death itself, and Hans Castorp thought he understood why prehistoric temple-builders had intentionally and covertly introduced minor symmetrical anomalies into the positioning of columns.
He pushed off, slalomed away on his runners and glided downhill over the thick blanket of snow along the forest edge into the murk, and travelled in a series of aimless and easy ascents and descents across the dead terrain where the deserted, undulating ranges, dry vegetation consisting of the occasional darkly protruding, scrubby dwarf pine, and a horizon bounded by gentle mounds were so reminiscent of a vista of dunes. Hans Castorp nodded contentedly when he stopped and revelled in this resemblance; and he also sympathetically indulged the smarting of his face, the tendency of his limbs to tremble, and the peculiar, heady combination of excitement and fatigue he felt, because this was all such a familiar intimation of the closely related effects of sea air saturated with equally stimulating yet soporific substances. He drew satisfaction from his invigorating independence, his freedom to roam. No fixed path stretched out ahead of him, and behind him was no route that would lead him back the way he had come. Initially he had planted poles and sticks, left marks in the snow, but he had soon decided to free himself from their dictates because they reminded him of the man with the bugle and did not seem appropriate to his intimate relationship with this great wintry wilderness.
After he had pushed his way between some snow-topped crags, steering first left, then right, came a slope, then a plateau and then high mountains, whose white-cushioned gorges and passes looked so accessible and alluring. Yes, the allure of remote and higher, more and more isolated spots acted powerfully on Hans Castorp’s spirit, and at the risk of returning too late, he ventured ever farther into the savage silence, into perilous and ominous realms, heedless of the fact that the tension and trepidation he felt inside were now yielding to real fear due to the premature darkening of the sky, which was descending over the landscape like a grey veil.